Kinder im Straßenverkehr – wer haftet für Schäden?


Kinder im Straßenverkehr werden spätestens dann zum Thema, wenn sich der frisch gebackene Schulanfänger jeden morgen stolz mit seinem neuen Ranzen auf den Weg in die Schule macht. Dabei fahren häufig auch schon kleine Kinder mit dem Fahrrad zur Schule. Natürlich sind hier zum einen die Autofahrer gefragt, die insbesondere auf Schulwegen und in reinen Wohngebieten gesteigerte Aufmerksamkeit und Vorsicht walten lassen sollten. Zum anderen sind natürlich die Eltern und auch die Schulen angehalten „ Verkehrserziehung“ zu betreiben.


Trotz aller Vorsicht sind Verkehrsunfälle aber nicht immer zu vermeiden. Im günstigsten Falle haben die Beteiligten Glück im Unglück: dem Kind passiert nichts und dem Autofahrer bleibt neben dem Schock und dem flauen Gefühl in der Magengrube ein Blechschaden. Dann stellt sich die Frage, wer für den Schaden haftbar gemacht werden kann.

Hier gilt bei Verkehrsunfällen mit Kindern grundsätzlich:
Kinder haben nie Schuld, auch wenn sie eigentlch Schuld haben!

Das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 828 Abs.1 BGB) sieht vor, dass Kinder, die noch nicht das siebente Lebensjahr vollendet haben, also auch die Schulanfänger, schuldunfähig sind. Sie können in keinem Fall für einen Schaden, den sie verursacht haben, verantwortlich gemacht werden.

Mit dem neuen Schadenersatzrecht vom 01.08.2002 wurde die Altersgrenze insoweit heraufgesetzt, als Kinder zwischen dem siebten und dem vollendeten zehnten Lebensjahr auch nicht für Schäden haften, die sie fahrlässig im Straßenverkehr verursachen (§ 828 Abs.2 BGB). Dahinter steckt die gesetzgeberische Wertung, dass Kinder in diesem Alter nach dem Stand ihrer körperlichen Entwicklung noch nicht in der Lage sind, die Gefahren des Straßenverkehrs richtig einzuschätzen und entsprechend zu reagieren. Sie sind die schwächsten Verkehrsteilnehmer und haben entwicklungsbedingt Defizite in der Verkehrsübersicht, dem Einschätzen von Geschwindigkeiten und Entfernungen.


Dies wurde auch in einem neuen Urteil des Bundesgerichtshofes bestätigt, in dem ein achtjähriger Junge nicht für den Schaden verantwortlich gemacht wurde, den er dadurch verursachte, dass er sein Fahrrad losließ, welches dann auf die Straße rollte und ein vorbeifahrendes Auto beschädigte. Der Eigentümer des Autos war daher gezwungen, den Schaden an seinem Auto selbst zu tragen oder seine Vollkasko Versicherung in Anspruch zu nehmen.

Ausnahmen des Haftungsprivilegs für Kinder

Allerdings bestehen für Kinder zwischen sieben und zehn Jahren Ausnahmen von dem Haftungsprivileg. So müssen diese zum einen dann haften, wenn sie einen Schaden vorsätzlich verursacht haben. Wirft ein Kind in diesem Alter also einen Stein gegen ein geparktes oder fahrendes Auto, so kann es für den Schaden voll haftbar gemacht werden.


Zum anderen ist das Haftungsprivileg dieser Kinder auch dann begrenzt, wenn die verursachten Schäden im stehenden Verkehr entstehen, da dann die Gefahrenquellen so gering sind, dass sie auch für Kinder einschätzbar sind.

Haften Eltern für Ihre Kinder?

Wenn die Kinder nicht in Anspruch genommen werden können, wird fast immer die Frage nach der Haftung der Eltern gestellt. Schließlich heißt es doch immer „ Eltern haften für ihre Kinder!“. Dieser Satz ist jedoch nur in Ausnahmefällen zutreffend. Eltern haften nämlich nur dann für den Schaden den ihre Kinder angerichtet haben, wenn sie selbst die ihnen obliegende Aufsichtspflicht verletzt haben. Wie weit diese Aufsichtspflicht geht, wird wie so oft nach dem Einzelfall zu beurteilen sein.


Dabei ist die Intensität der notwendigen Beaufsichtigung vom Alter des Kindes, dessen individueller Entwicklung und den in der jeweiligen Umgebung vorhandenen Gefahrenquellen abhängig. So wird zum Beispiel niemand verlangen können, dass Eltern ihr Kind jeden Tag auf dem gesamten Schulweg auf Schritt und Tritt beaufsichtigen. Andererseits wird man eine strengere Beaufsichtigung erwarten können, wenn den Eltern bekannt ist, dass ihr Kind schon öfter fremde Autos beschädigt hat. Von diesen Eltern wird man erwarten, dass sie weitere derartige „Streiche“ ihres Kindes verhindern.


Der möglicherweise an einem Unfall beteiligte Autofahrer haftet aus den oben dargestellten Gründen meist für die allgemeine Betriebsgefahr seines Kfz, auch wenn das Kind den Unfall unbestritten verursacht hat. Der Autofahrer oder dessen Vollkasko-Versicherung bleiben also auf dem Schaden am eigenen Auto sitzen.

Schäden an Drittfahrzeugen zahlt die Kfz-Haftpflichtversicherung. Hinzu kommt, dass der Schadenfreiheitsrabatt verloren geht. 

Daher soll abschließend an dieser Stelle noch einmal an die Autofahrer appelliert werden, besonders zum kommenden Schulanfang erhöhte Aufmerksamkeit und Vorsicht walten zu lassen, um den kleinsten Verkehrsteilnehmern einen sicheren Schulweg zu gewährleisten.